Betreibt Ihr Unternehmen Handel mit Großbritannien? Dann verfolgen Sie sicher mit Spannung die aktuellen Entwicklungen.

Sollte es nicht zu einer guten Einigung kommen, werden Importe von und Exporte nach Großbritannien mit erheblichem bürokratischem Aufwand und zusätzlichen Kosten belastet.

Viele Firmen sind darauf nicht vorbereitet, es wird zu Engpässen kommen.

Heute, am 14.11.18, berichten die Medien – wieder mal – dass es in den Verhandlungen zu einem Durchbruch gekommen sei. Um 15 Uhr soll es eine Sondersitzung der Botschafter der 27 bleibenden EU-Länder geben. Aber Details sind noch nicht bekannt.

Von offizieller Stelle heißt es denn auch: „Die Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich über ein Austrittsabkommen laufen noch und sind nicht abgeschlossen“

Wie ändert sich durch den Brexit die Situation beim Import von bzw. Export nach Großbritannien?

Durch die Mitgliedschaft in der EU gelten bisher 4 Grundfreiheiten zwischen den beteiligten Ländern.

  • freier Warenverkehr innerhalb der Europäischen Zollunion
  • Freiheit des Reiseverkehrs
  • Niederlassungsfreiheit
  • freier Kapitalverkehr

Dadurch sind die Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und den anderen Mitgliedsstaaten der EU stark vereinfacht.

Für die importierenden und exportierenden Unternehmen bedeutet dass, dass man sich bisher überhaupt nicht um Zollformalitäten und Kosten kümmern musste. Ein Austritt aus der Europäischen Union, würde diese einfachen Handelsbeziehungen jedoch auflösen.

Damit würden sämtliche Im- und Exportangelegenheiten fortan unter deutlich erschwerten Bedingungen ablaufen.

  • Von Großbritanniens Exporten gingen im Jahr 2012 rund 39% in die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, davon 11,5% nach Deutschland.
  • Großbritanniens Importe kommen zu 30% aus europäischen Ländern.

Für beide Warenströme könnten in Zukunft die gleichen Zollformalitäten und Kosten anfallen, die sonst auch beim Warenverkehr mit Drittstaaten gelten.

Die 7 Brexit Probleme für importierende bzw. exportierende Unternehmen

  1. Zollanmeldung bei Einfuhren aus Großbritannien

Da die Zollbehörden bei Einfuhren aus Drittländern (wie es Großbritannien dann sein wird) eine Zollanmeldung in elektronischer Form verlangen, erfordert dies ein hohes Maß an zoll- und außenwirtschaftlichem Wissen bei den sogenannten Einführern.

Unternehmen, die bisher ausschließlich innerhalb der EU handeln, haben hier eine Wissenslücke und nicht die internen Abläufe, um das abzuwickeln.

Diese Aufgabe müssten dann an Spediteure und Zollagenturen übergeben werden. Zeitverluste und zusätzliche Kosten wären die Folge.

  1. Ausfuhrbegleitdokumente beim Export nach Großbritannien

Auch bei der Lieferungen von Waren nach Großbritannien werden zukünftig Ausfuhrbegleitdokumente verpflichtend. Hier gilt ebenfalls: Unternehmen benötigen Speziallisten für den Zollbereich oder sie müssen diese Zollaufgaben an externe Dienstleister vergeben.

Besonders wenn Transporte schnell von statten gehen sollen, wird das zweistufige Ausfuhrverfahren zeitaufwendig.

Die Waren müssen erst beim zuständigen Binnenzollamt des Ausführers gestellt werden und dann für eventuelle Kontrollmaßnahmen mindestens 24 Stunden bereitgestellt werden. Beachten Sie den zusätzlichen Zeitaufwand!

  1. Zollsätze bringen bisherige Preisstrukturen durcheinander

Wenn auf bisher zollfreie Geschäfte plötzlich Zoll bezahlt werden muss, bringt das die Preiskalkulation durcheinander. Und zwar zusätzlich zu dem Kostenaufwand für den erhöhten bürokratischen Aufwand und längere Transportzeiten bzw. Wartezeiten bei der Zollabwicklung.

Unter dem Gesichtspunkt einiger Präferenzregelungen wäre es möglich, den Regelzollsatz durch einen sogenannten Präferenzzollsatz zu ersetzen. Dafür müsste zwischen den beiden Vertragsparteien ein entsprechendes Abkommen geschlossen werden

Das könnte dann zu einem geringeren Zollsatz oder, im Idealfall, auch zur Zollfreiheit führen.

  1. Höherer Zeitaufwand beim Transport

Durch die Notwendigkeit, neue Dokumente zu erstellen, ggf. Abstimmung mit externen Zoll-Dienstleistern und insbesondere Zollkontrollen verlängert sich die Dauer der Transporte.

Das hat Auswirkung auf die Lieferkette und auf die Produktion, denn hier gilt das Sprichwort: „Zeit ist Geld.“

  1. Überlastung bei Spediteuren, Zollagenturen und den Zollbehörden

Nicht nur für die importierenden / exportierenden Unternehmen entsteht Mehraufwand.

Insbesondere für alle Unternehmen, die direkt mit der Zollabwicklung tätig sind, wird es zu Belastungsspitzen kommen.

Als Unternehmer sind Sie dann insofern betroffen, dass z.B. eine überlastete Zollagentur Ihnen auch nur verzögert zur Verfügung steht.

  1. Weiterbildungsbedarf bei den Unternehmen

Wenn Sie als Unternehmen betroffen sind, müssen Sie auch Zeit und Budget für die Weiterbildung Ihrer Mitarbeiter in Zollangelegenheiten einplanen.

  1. Planungsunsicherheit

All die oben genannten Szenarien sind derzeit noch reine Spekulationen. Wie, wann und ob das alles so passieren wird, ist noch ungewiss.

D.h. Unternehmen können keine konkrete Planung machen, sondern müssen sich auf verschiedene Szenarien vorbereiten. Wieder entsteht zusätzlicher Zeitaufwand und Mitarbeiter werden gebunden.

Je nachdem, wie die politischen Entscheidungen laufen, kann man annähernd „business as usual“ machen, oder muss innerhalb von wenigen Wochen seine komplette Logistik neu aufstellen.

Aktuell gab es schon mehrere Demonstrationen gegen den Austritt aus der Europäischen Union. Auch einige Minister halten ein zweites Referendum für möglich und wünschenswert. Auf Premierministerin Theresa May lastet ein hoher Druck. Sie schließt ein zweites Referendum vollkommen aus und sieht die Verhandlungen zum Brexit bereits zu 99% abgeschlossen. Ob sie Ihre Pläne dann durch die Abstimmung im Parlament bringt, ist aber fraglich.

Fazit

Sollte es tatsächlich zu einem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union kommen, so werden gravierende Veränderungen bei der Abwicklung von Transporten von und nach Großbritannien entstehen.

Für betroffene Unternehmen ist es deshalb sinnvoll, sich mit den verschiedenen Szenarien vertraut zu machen, und für jede denkbare Version einen groben Fahrplan vorzubereiten.